Katzen

Übergänge
Eine Betrachtung zur Malerei Mario Enkes
von Ulrike Meier
Dass ein Suchender auf seinem Wege innehält, um Kraft zu schöpfen für das Weitergehen, dass er um sich schaut, sich neu zu orientieren, Rückschau hält, um gewiss zu sein, von seinem Pfad nicht abzukommen und gelegentlich die Richtung ändert, all das gehört dazu, dass er ans Ziel gelangen kann.
Es geschieht nicht selten, dass Künstler auf ihrer Suche nach den gemäßen Möglichkeiten, das Unaussprechliche in die Form zu führen und mit der unstofflichen Idee das Material zu durchdringen, ihren Ausdruckswillen in unterschiedliche Bahnen leiten. Und doch mag es auf den ersten Blick verwundern, dass ein Künstler von beeindruckender Eigenständigkeit, Tatkraft und anhaltendem Einfallsreichtum, wie Mario Enke, einen so deutlichen Einschnitt in sein Schaffen legt, indem er sein Augenmerk von der Keramik nimmt und hin auf neue Ziel lenkt.
Was bewegt einen erfolgreichen Künstler und geschätzten Lehrer, der durch die Eleganz und Dünnwandigkeit seiner Gefäße, die Klarheit ihrer Umrisse, die außerordentliche Qualität der Glasuren, durch seine handwerkliche Könnerschaft und alchemistische Experimentierfreude über Jahrzehnte geradezu zum Inbegriff des Keramiker geworden ist, das hinter sich zu lassen, was er in seinen Händen hält? Und stattdessen ins Ungewisse aufzubrechen, mutvoll anzuknüpfen an malerische Gestaltungsprinzipien, die mit großem Namen der Klassischen Moderne verbunden sind und sich theoretischen Forschungen zu widmen, mit denen es nicht einfach ist, in einer von Zweifeln und Kritik erfüllten Zeit, ein unvoreingenommenes Echo zu finden?
Zunächst erscheint es wie ein Bruch, mutet wie eine unverständliche Laune an, dass Enke die Malerei der Keramik folgen lässt. Doch mit dem Betrachten der in den letzten Jahren entstandenen Bilder, dem tastenden Erfühlen, was in ihnen schwingt, fügt sich nach und nach das darin Entdeckte in derselben, vielleicht aber klarer verstehbaren Sprache, in ein schlüssiges Ganzes, aus dem ungebrochen die Ernsthaftigkeit und Konsequenz spricht, mit der Mario Enke sein Schaffen lebt, und zu der mit gleicher Notwendigkeit das keramische und malerische Arbeiten gehören,wie auch das abgebrochene Theologiestudium, der Umzug ans Meer und seine jüngsten Forschungen. Ein dichtes Geflecht entsteht, das die künstlerisch-biografischen Entscheidungen miteinander verbindet. (...)
Mit drängender, unmittelbarer Kraft tritt aus den Arbeiten eine Art biografisch-künstlerisches Leitbild hervor, in dem sich die Persönlichkeit des Künstlers artikuliert. Es wirkt mit einer verblüffenden Deutlichkeit in das Bewusstsein des Betrachters, wie es selten geschieht, sodass der Augenblick, in dem es gewahr wird, als etwas durchaus Besonderes erfahren werden kann. (...)

Textauszüge aus dem Katalog zur Wanderausstellung Vision und Wahnehmung anlässlich des 25- jährigen Meisterjubiläum als Töpfer.